Prüfen wie das Leben?

Die neuen Prüfungsordnungen im Anmarsch

Während inzwischen fast täglich neue, bunte und sogar von der Kanzel herabgepredigte Gerüchte über die neuen Prüfungsordnungen (POs) für BWL und VWL auftauchen, möchten wir Euch als studentische Vertreter mit aktuellen Infos versorgen.

Der lange Treck gen Senat...

Die formale Odyssee einer neuen PO an unserer Uni sieht folgendermaßen aus:  Zuerst wird im Rat der Fakultät ein Entwurf beschlossen, der sich dann in der Kommission für Lehre und Studium (Beratungsgremium des Akademischen Senats, 50% Studis) einer Diskussion unterziehen muß.  Von hier wird er mit oder ohne Empfehlung an den Akademischen Senat (uniweites Entscheidungsgremium mit "Professioneller" Mehrheit) weitergegeben.  Vierte und endgültige Institution ist der Politische Senat für Bildung und Wissenschaft.

...und zurück

Der erste von unserem Fakultätsrat verabschiedete Entwurf einer neuen PO für BWL und VWL wurde Ende letzten Semesters von der Kommission für Lehre und Studium (Kommission) und dem Akademischen Senat (AS) negativ bewertet und an die Fakultät zurückgereicht.  Uneinigkeiten zwischen Fakultät und den genannten Gremien wurden an sogenannten "Dissenspunkten" festgemacht, die zum Teil inzwischen ausgeräumt wurden, zum Teil weiter bestehen.

Auf ein Neues!

Ein modifizierter Entwurf für die zwei Prüfungsordnungen ging Anfang diesen Semesters auf den Weg und wird in den nächsten Wochen im akademischen Senat beraten.  Die Kommission hat inzwischen beschlossen, das Grundstudium sowie die gesamte vorgelegte PO für BWL wieder nicht zu empfehlen.  Dagegen sprach sie ihre Zustimmung zum VWL-Hauptstudium aus.

Auf die Gründe hierfür und die Grundstruktur der vorgeschlagenen POs wollen wir im Folgenden eingehen.  Nach dem vorliegenden Entwurf wird es im Grundstudium nur noch zwei Scheinklausuren geben, namentlich Wirtschaftsgeschichte und Buchhaltung.  Alle anderen Fachgebiete werden in zwei Blöcken geprüft.  Der erste Block besteht aus VWL I, BWL I, Recht I, Mathe und Statistik, der zweite aus VWL II, BWL II, Recht II Wi-Inf und Ökonometrie.  VWL und Mathe werde noch einmal gesplittet, so daß sich eine Zahl von 13 Prüfungsklausuren ergibt.

Eins, zwei, drei, durchgefallen!!!

Der erste Block muß spätestens nach dem dritten, der weitere nach dem vierten Semester abgeschlossen sein.  Die nicht innerhalb dieser Frist abgelegten Prüfungen gelten automatisch als abgelegt und nicht bestanden.  Es bleibt dann ein Wiederholungsversuch für alle Klausuren und ein zweiter Wiederholungsversuch für vier weitere.

Was das für Leute heißen würde, die neben dem Studium jobben müssen, könnt Ihr Euch selber ausmalen.  Schließlich ist es nicht immer leicht, sich mit dem (Ost-) Bafög über den Monat zu retten, noch werden alle auf Unterstützung ihrer Eltern klagen.  Was das von der Politik an dieser Stelle angeführte Argument:  "Teilzeitstudium!" bedeuten soll und wie es umzusetzen ist, ist uns leider schleierhaft.

Auch die Kommission sprach sich gegen Konsequenzen nach dem dritten und vierten Semester aus.  Das Gesetz sieht eine obligatorische Studienberatung nach dem sechsten Semester vor.  Der zweite Dissenspunkt zwischen Kommission und Fakultätsrat war die Forderung der Kommission nach einer zweiten Wiederholungsmöglichkeit für alle Klausuren.

Hauptstudium BWL:  Rein und durch.

Im Hauptstudium der BWL wären fünf Fächer zu belegen:  Eine allgemeine BWL, eine allgemeine VWL, zwei besondere BWL und ein Wahlpflichtfach.  Letzteres erstreckt sich wieder über die Fächer der Quantitativen Methoden, VWL, Geschichte und Recht.  In der allgemeinen BWL erfolgen die Prüfungen in Form vier-stündiger Klausuren am Ende des Studiums, ohne daß Leistungsscheine vorrausgesetzt werden.  Hier setzen sich die Studentenvertreter massiv dafür ein, daß freiwillige Leistungkontrollen zum Kennenlernen des Anforderungsprofils von Seiten der Dozenten angeboten werden.  Einen verbindlichen Paragraphen konnten wir aber bisher nicht durchsetzen.  In den anderen Fächern außer Recht (zwei Teilprüfungen) würde studienbegleitend analog zur VWL geprüft.

Die Kommission bewertete das BWL Hauptstudium negativ, weil auch hier nach dem sechsten Fachsemester des Hauptstudiums nicht abgelegte Fachprüfungen als abgelegt und nicht bestanden gelten.  Soweit der kurze Umriß der laufenden Vorschläge und Diskussion.

(Fenster)

VWL Hauptstudium: Bonus gegen Malus

Wie sich herumgesprochen hat, soll das Hauptstudium VWL in Zukunft als "Credit Point System", das heißt mit studienbegleitenden Prüfungen und ohne Blockprüfungen am Ende, stattfinden.  Zum Bestehen des Diploms würden Bonuspunkte angesammelt, bei Nichtbestehen von Klausuren Maluspunkte.  Fällt man zum Beispiel in einer Klausur über zwei SWS durch, so werden zwei Maluspunkte im Prüfungsamt festgehalten.  Ab einer bestimmten Anzahl führen die Maluspunkte zum Nichtbestehen des Diploms.  Diese Zahl liegt auf unser Drängen hin nun bei 24 an Stelle von vorher 16 akkumulierten SWS.

Es würde in VWL weiter sechs Fächer geben, Politik, Theorie, FiWi, zwei Wahlpflichtfächer sowie ein Ergänzungsfach (früher Freifach genannt).  Innerhalb von Theorie und Politik bliebe strukturell alles beim alten (50% Wahl), und auch bei FiWi soll nur noch die Hälfte der Veranstaltungen vorgegeben sein (FiWi I und II).  Die Wahlpflichtfächer können aus einem Katalog, der die vier Fächer der Quantitativen Methoden, Geschichte, Recht und BWL enthält, gewählt werden.  Die Ergängzungfächer wären innerhalb der Fakultät frei und mit Genehmigung auch außerhalb wählbar.

Finale, aber wie?

Es sei zum Schluß noch einmal unterstrichen, daß wir die Entwürfe der neuen Prüfungsordnungen nur in ganz groben Zügen darstellen konnten, der Teufel liegt für alle Beteiligten wie immer im Detail.  Wir haben von Euch viel Zuspruch und vor allem die Hoffnung auf baldiges Inkrafttreten vernommen.  Genau das liegt auch in unserem persönlichen Interesse.  Wir müssen und wollen aber unsere Augen kritisch offenhalten, zum Beispiel auch in Bezug auf Paragraphen im Grundstudium, die uns zum Teil gar nicht mehr betreffen.

Wir waren in den angesprochenen Dissenspunkten derselben Meinung wie die Kommission für Lehre und Studium.  Daneben haben wir in weiteren Einzelheiten Kritik angebracht, die zum Teil oben angedeutet wurde.  Jetzt hoffen wir einmal mehr, daß sich schnell ein Konsens über alle Punkte findet und die neuen Prüfungsordnungen vielleicht schon zum nächsten Semester in Kraft treten.  Versprechen kann das aber keiner!

Der Studentenrat

P.S.:  Leute, wir freuen uns ächt und ährlich über Leserbriefe, wir wollens wissen!

Fenster:  "Wir, die Professoren, sind nicht die Bösen, sondern das Leben." (Professor Stehle in der ABWL Vorlesung am 16.6.94 als Kommentar zur Studienzeitbegrenzung durch automatisches Nichtbestehen)

"Wir, die studentischen Vertreter, sind nicht die Bösen, sondern die Hüter des heiligen Grals."  (Mehr fiel uns zu diesem "Kommentar" nicht ein.)