VWL - ein Ausverkauf

Das Schicksal des KSC ist überall

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Vorstellungen über die Universität der Zukunft gibt es einige. Präsentiert wird u.a. die Idee von Fakultäten ohne Campus. Von der Universität ohne Professoren allerdings liest man eher selten im Zusammenhang mit zukunftsträchtigen Modellen. Doch wird so bald die volkswirtschaftliche Realität an der Spandauer Straße aussehen oder ist es bloß Panikmache? Wer weiß, und deshalb schön hübsch der Reihe nach.

Die Hochschullehrer der VWL sind schnell durchgezählt. Man kommt auf 8 besetzte C-4 (das sind jene, die mit Assistentenstellen ausgestattet sind) und 2 ebenfalls besetzte C-3 Stellen. Immerhin drei davon (das sind satte 33,3%) werden von anderen Universitäten gelockt mit Angeboten, die die in Berlin gebotene Ausstattung bei weitem übertreffen. Die Makroökonomie ist dabei gänzlich vom Aussterben betroffen - vorübergehend zumindest. Aber was -vorübergehend- angesichts der leeren Kassen tatsächlich bedeutet, ist heute nicht ansatzweise abzusehen.

Selbst wenn die dann eventuell freiwerdenden Stellen nicht dem Rotstift zum Opfer fielen - die Besetzung eines Lehrstuhls vollzieht sich eher zäh. So ist der Wunschkandidat für die seit längerer Zeit vakante Makrostelle zwar seit über einem Jahr bekannt; allein ob der Betreffende jemals an die Spree kommen wird, ist unklar. Und je mehr Professoren die Fakultät verlassen oder auch nur laut darüber nachdenken (das kommt ja auch bei Professoren mitunter vor), desto schwieriger wird es sein, diese ebenbürtig zu ersetzen. Ein jeder wird sich sagen, daß es bestimmt einen Grund dafür gibt, daß die Einbahnstraße von der Bundeshauptstadt weg nach Westdeutschland führt und nicht eben umgekehrt.

Das hieraus ableitbare Horrorszenario ist schnell skizziert: Vorlesungen von Burda zum Arbeitsmarkt und zur fortgeschrittenen Analysis/Algebra (K&B) werden ebenso wegfallen wie die Veranstaltungen Marins zu Außenhandel und Entwicklungsökonomie. Ohne Güth träte die Spieltheorie ein ganzes Stück kürzer.

Hinzu kommt, daß Bahr — ausnahmsweise mal ganz regulär — nach dem Sommer emeritiert wird und somit die Zukunft der Wirtschaftsgeschichte im Hause unsicher ist. Und auch der Bereich Monetäre Außenwirtschaft könnte Trauer tragen. Zwar hat Kolloch um ein weiteres Jahr verlängert, aber angesichts des Umfeldes gelten die Chancen auf eine zukünftige Genehmigung eines solchen Vertrages durch die Uni-Verwaltung als eher gering.

Werden also sämtliche Kommilitonen des Hauptstudiums bald unendlichlange Studienzeiten aufweisen, weil einfach das Pflichtfach Makrotheorie nicht mehr angeboten wird? Oder müssen wir in Zukunft etwa an die TU, um die vorgeschriebenen Fächer abzudecken und werden solche Prüfungen von außerhalb überhaupt anerkannt? Werden die Exmatrikulationsraten im Grundstudium exorbitant ansteigen, weil ganze Jahrgänge die Fristen zum Ablegen der Makroprüfungen nicht einhalten und wird rückwirkend das Studienfach Volkswirtschaft nur noch als BWL/VWL-Kombination angeboten werden können, weil schlichtweg das Angebot an VWL-Veranstaltungen nicht ausreicht? Wie schon oben gesagt: wer weiß?

Und wie werden die Studierenden reagieren: Wird es einen Sturm der Entrüstung geben, mit Protesten und Sitzblokaden und wer weiß mit was noch allem?...

Stimmt, viel wahrscheinlicher wird sein, daß gar nichts passiert. Die meisten werden die Problematik gar nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Dann werden eben vielleicht im Sommer in der vorlesungsfreien Zeit leise einige Koffer gepackt und im Herbst wird man nach dem Sparzwang bei Humboldts mit einem weiteren Berliner Phänomen in Berührung kommen: dem Büroleerstand.

Jens Krause & Andreas Marschner