Anglerlatein

„ Wir sind wie ein großer aus dem Wasser gezogener Fisch, der wild hin- und her zappelt, um seinen Weg zurückzufinden. In so einer Lage fragt sich der Fisch, wie und wohin ihn die nächste Zappelbewegung führen wird. Er spürt nur, daß seine gegenwärtige Lage unerträglich ist und er etwas anderes versuchen muß.“ 

(Ausspruch eines unbekannten Chinesen)

 

Doch wie sieht dieser Versuch aus? Die einen verteidigen die Universitäten als Ort der Wissenschaft und des sozialen Kontaktes, der seinen universitären Charakter nur durch die Unterstützung des Staates erhalten kann. Die anderen fordern Wettbewerbsfähigkeit und Verkleinerung der Hochschulen und träumen von international anerkannten Eliteuniversitäten.
So hat es an Diskussionstoff in den letzten Tagen und Wochen nicht gemangelt.

Selbst der in der Vollversammlung beschlossene Forderungskatalog kann die unterschiedlichen Vorstellungen der großen Studentenschaft nicht unter einen Hut bringen. Doch wo ist der kleinste gemeinsame Nenner zu suchen, der so vielen von uns auf der Seele brennt und der mehr als 30.000 Studenten kürzlich vor dem Brandenburger Tor demonstrieren ließ?
Mit einem kleinen Einblick in den heutigen Studienalltag kommen wir der Quelle des Anstoßes wohl näher. Die Universitäten und Fachhochschulen sind zu ca. 150% überbelegt.

Staatlicherseits existiert faktisch kein langfristiges zukunftsorientiertes Konzept, das die Ernsthaftigkeit des Problems erkennt und eine wirklich umfassende Reform des Bildungssystems möglich macht. Bildung ist zu einem lobbygefährdeten Einsparposten im Verteilungskampf  um den Finanzierungstopf des Staates verkommen.

Die einzig bisher beschrittenen Wege waren weitere Einsparungen aus dem Etat der Universitäten und die Einführung von 100 DM Verwaltungsgebühren zur Stopfung weiterer Haushaltslöcher. Konzepte, die kurzfristig nur auf Einsparung finanzieller Mittel abzielen, sind auf Dauer zum Scheitern verurteilt. Langfristige Lösungen sind jedoch erst möglich, wenn Bildung im Bewußtsein der Gesellschaft wieder den Stellenwert einnimmt, den sie verdient, denn „wer sich das teuerste Sozialsystem und den aufwendigsten Umweltschutz leisten will, der muß auch das beste Bildungssystem haben.“

Wenn dies schon Roman Herzog erkannt hat und Bildung als unsere „einzige Ressource, über die die Wirtschaftsmacht Deutschland verfügt“ herausgestellt hat, so sollte uns das Anlaß geben, über die Beteiligung bei der nächsten Mittwochsdemo nachzudenken.

Andreas und Diana