New York, New York

Da saß ich nun an diesem sonnigen Maimorgen im Sitz des Flugzeuges, das mich nach New York bringen sollte. Obwohl es nicht mein erster Besuch dieser Stadt werden sollte, war ich aufgeregter denn je und das hatte seinen Grund, denn ich gehörte zu einer Gruppe von insgesamt 20 jungen Leuten, die das große Glück hatten, ein Praktikum in den Vereinigten Staaten machen zu können. Angefangen hatte aber alles schon sechs Monate zuvor...

It´s up to you

Unter diesem Motto stand eine Anzeige der Pall Mall Initiative, auf die ich im Stadtmagazin [030] aufmerksam geworden war und die ein Praktikumsprogramm in den Vereinigten Staaten ankündigte. Danach ging alles Schlag auf Schlag: nachdem ich die Bewerbungsunterlagen angefordert, ausgefüllt und einige darauf folgende Auswahltests bestanden hatte, hielt ich im März schließlich den langersehnten Brief mit der Zusage in den Händen. Vier interessante und aufregende Wochen, für die ich keinen Pfennig bezahlen mußte, lagen vor mir.

Hinter der Pall Mall Initiative verbirgt sich ein Programm der British American Tobacco, die alljährlich einer Gruppe von Jugendlichen die Möglichkeit gibt, vier Wochen lang im Land der unbegrenzten Möglichkeiten Berufserfahrungen zu sammeln. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese studieren, noch in der Lehre sind oder bereits einige Berufserfahrung haben. Allein die eigene Persönlichkeit sowie vorhandene Sprachkenntnisse zählen bei der Auswahl der Bewerber. Es handelt sich bei der Pall Mall Initiative nicht um eines der alljährlich durchgeführten Cowboy-Events von Phillip Morris & Co, sondern es geht in erster Linie darum, den Teilnehmern Eindrücke, Erfahrungen und Kenntnisse des amerikanischen Berufsalltags zu vermitteln, die sonst nur sehr schwierig, wenn überhaupt, gewonnen werden können. Die Seriosität des Praktikumprogramms wird dabei durch die Schirmherrschaft des sächsischen Wirtschaftsministeriums sowie durch die Carl Duisberg Gesellschaft unterstrichen, deren Schwesterorganisation in New York sich um die Auswahl und die Vermittlung der Praktikumsplätze sowie um die Abwicklung aller organisatorischer Fragen kümmert.

Der Job

Da ich mir als bevorzugtes Beschäf-tigungsgebiet einen Job aus dem Bereich electronic commerce ausgewählt hatte, wurde ich für die Zeit des Praktikums an die New Yorker Consulting-Firma „The Basex Group, Inc.“ vermittelt. Diese beschäftigt sich hauptsächlich mit der Analyse neuer Medien – insbesondere des Internet – und deren Auswirkung auf geschäftliche Prozesse und Abläufe sowie mit der Erbringung von Dienstleistungen in Consulting-Projekten.

Da ich als Kurzpraktikant (denn vier Wochen sind selbst unter amerikanischen Verhältnissen eine sehr kurze Zeit) eigentlich davon ausgegangen bin, eher Arbeiten durchzuführen, die an dieser kurzen Dauer orientiert sind, war ich um so mehr überrascht, als ich vom ersten Tag an wie ein vollwertiges und langjähriges Mitglied der Firma behandelt wurde. Das begann mit dem Privileg eines eigenen Büros, setzte sich mit der Teilnahme am alltäglichen – und für alle Anwesenden kostenlosen Lunch – fort und endete schließlich damit, daß ich mein eigenes Projekt bekam, welches ein Teil eines größeren – für die Citibank New York – durchgeführten Projekts war. Meine Aufgabe bestand darin, eine Analyse über die Vor- und Nachteile, die Konsumenten beim Kauf von Waren über das Internet haben, zu schreiben, sowie einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklungen des Handels über das Internet unter Berücksichtigung von etwaigen Hemmnissen zu geben. Für meine Arbeit stand mir dabei die beste Ausrüstung zur Verfügung, die ich mir wünschen konnte. Das Internet-Video-Conferencing System und die schnelle Internetanbindung, die es mir ermöglichte, einen Londoner Radiosender bei der Arbeit ohne Qualitätsverluste live über das Internet zu hören, waren nur zwei der zahlreichen elektronischen Spielzeuge.

Schnell merkte ich, daß sich die Arbeitsweise in amerikanischen Firmen ganz erheblich von der in deutschen Unternehmen unterscheidet. Vielmehr ist man in den USA von Anfang an auf sich allein gestellt und muß sich vom ersten Tag an behaupten. Dabei erhält man alle erdenkliche Unterstützung durch eine Art Mentor, der zum eingesessenen Personal gehört und bei Fragen und Problemen immer ein offenes Ohr hat. „Just do it“ scheint tatsächlich das alles antreibende Motto zu sein. Dabei wird die Arbeit im Team immer groß geschrieben. Obwohl immer mehrere Mitarbeiter jeweils an bestimmten Teilen eines Projekts arbeiten, geht durch regelmäßige Meetings niemals der Überblick oder der Bezug zum Projekt verloren. Die eigenen Fortschritte werden in bestimmten Abständen mit dem Mentor analysiert und ggf. neu ausgerichtet. Das persönliche Verhältnis zu den Kollegen beschränkt sich dabei jedoch auf gelegentliche Small Talks am Wasserspender oder der Kaffeemaschine, den gemeinsamen Gang zur Happy Hour in der Bar um die Ecke nach der Arbeit oder die obligatorische Auswertung des Wochenendes an jedem Montagmorgen.

Nach dem Ablauf der 4 Wochen war ich jedenfalls um eine ganze Reihe von Erfahrungen und Eindrücke reicher, die ich auf jeden Fall auch in meinen Job hier in Deutschland eingebracht habe und einbringe.

Das Drumherum

Wie schon weiter oben erwähnt, kümmerte sich eine Schwesterorganisation der Carl Duisberg Gesellschaft, die CDS, um alle Belange vor Ort in New York. Dazu gehörte unter anderem auch die Unterbringung in einem sehr angenehmen und keinesfalls mit deutschen Verhältnissen vergleichbaren Studentenhotel, das im sehr schönen und grünen Brooklyn Heights gelegen war und neben seinen absolut internationalen Gästen (die Midsommar-Party mit einer Studentengruppe aus Schweden ist mir noch sehr lebhaft in Erinnerung), der hervorragenden Verkehrsanbindung (fünfzehn Minuten zum Times Square, zwanzig Minuten zum Central Park, drei Minuten zur Wall Street) und seinem einmaligen Blick auf die Skyline von Manhattan auch die Möglichkeit bot, diesen bei einer Party unter freiem Himmel (die Temperaturen erreichten auch nachts selten Werte unter 30°C) zu genießen.

Die CDS organisierte in der ersten Woche des Programms auch zahlreiche Veranstaltungen, die den Teilnehmern die amerikanische Denk- und Lebensweise nahebrachten. Dazu gehörten neben Referaten über das amerikanische Rechts-, Sozial-, Bildungs- und Mediensystem auch der Ausflug zu einer Elite-Universität, der Besuch eines Baseballspiels, eines Musicals und der Vereinten Nationen sowie eine ganze Reihe anderer interessanter Events.

Da New York bekanntlich nicht gerade zu den billigsten Plätzen dieser Welt gehört, sorgte die Pall Mall Initiative mit einem sehr üppigen Taschengeld auch dafür, daß der Tag nicht nach Büroschluß vor dem Fernseher des Hotelzimmer endete. So waren neben den für New York obligatorischen Shopping-„Exzessen“ auch zahlreiche Besuche von Konzerten, Clubs, Musicals, Kinos, Ausstellungen, Museen usw. kein Problem. Selbst ein Wochenendausflug nach Washington, den ich auf eigene Faust mit drei anderen Teilnehmern in einem Mietwagen unternommen habe, war finanzierbar (bei 45 Pfennig pro Liter macht Tanken auch noch Spaß).

Das Danach

Wenn ich heute auf diese vier ereignisreichen und aufregenden Wochen zurückblicke, bleiben durchweg positive Eindrücke zurück. Zum einen konnte ich eine ganze Reihe neuer und wichtiger Erfahrungen sammeln, konnte einen Einblick in eine mir bis dahin unbekannte Arbeitswelt gewinnen und einen ganzen Sack voll Anregungen für meinen Job hier in Berlin mitbringen. Darüber hinaus stehe ich noch immer in sehr regem Kontakt mit der Firma, für die ich in New York gearbeitet habe und schreibe für diese Analysen zu verschiedenen Themen, die die europäische Sicht verschiedener Probleme transparent machen. Zum anderen habe ich einen Haufen neuer Freunde und Kontakte gewonnen, die ich nicht mehr missen möchte.

Momentan bereite ich mit einigen anderen Teilnehmern die Gründung eines Alumni-Vereins von ehemaligen Programmteilnehmern vor, dessen Ziel die Kontaktpflege aller Teilnehmer untereinander sowie die Nutzbarmachung aufgebauter Beziehungen in die USA auch für Interessenten ist, die dort gerne ein Praktikum machen wollen, aber Probleme mit dem Finden einer Firma oder eines Ansprechpartners haben. Sollte jemand Interesse an der Arbeit des Vereins, Fragen zur Pall Mall Initiative oder generell zu Jobs in den USA haben, kann er sich gerne per email an mich wenden: tmoepert@hotmail.com.

(TM)