Semesterticket SS 2001

Im Jahr 2000 hat sich in Sachen Semesterticket viel getan. An der Viadrina in Frankfurt/Oder wurde am ersten April das erste semesterliche Studententicket für das gesamte Tarifgebiet des VBB (Länder Berlin und Brandenburg) eingeführt, Kostenpunkt 149 Mark. Studenten der TFH und der Evangelischen FH zahlen seit Anfang April einen Sockelbetrag von 80 Mark pro Semester. Dafür können sie allerdings nur am Wochenende Bus und Bahn fahren. Wer auch unter der Woche unterwegs ist, muss sich zwischen einer zusätzliche Monatsmarke für Berlin (Zone AB) oder Berlin und Umland (ABC) entscheiden. Für Berlin zahlen Studenten 39 Mark pro Monat drauf, das macht zusammen mit dem Sockelbetrag 314 Mark pro Semester. Das Umland inkl. kostet sogar 54 Mark pro Monat – insgesamt also 404 Mark. Dieser Vorstoss ging an der studentischen Länderkoordination SEMTIX mehr oder weniger vorbei. Diese lehnt ihn als zu teuer ab – zu Recht. Ihre Kalkulation auf Basis von Zahlen des Statistischen Landesamtes errechnet einen maximalen Preis von 215 Mark. Das SEMTIX-Modell beinhaltet folgende Punkte:

Gültigkeitsbereich: gesamtes Tarifgebiet des VBB. Es gilt Kostenneutralität, d.h. die bisherigen Ausgaben aller Studenten in Berlin für öffentliche Verkehrsmittel bilden die Obergrenze für die Gesamteinnahmen des VBB aus dem Semesterticket. Der Studierendenausweis ist die Fahrkarte; Fahrradmitnahme wie bisher; Solidarmodell – alle Studenten zahlen bei Einschreibung.

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD 1999 wurde der gemeinsame Wille, ein Semesterticket einzuführen, auch genau zu 215 Mark verbundweit, festgeschrieben. Mit diesem Vorschlag waren sowohl SEMTIX, als auch der VBB einverstanden. Im Sommersemester sollten dann Urabstimmungen in den Unis zu endgültigen Ergebnissen führen. Wie in den Jahren zuvor torpedierte die BVG eine Einigung. Sie zauberte am 16.3. ein Gutachten hervor, nach welchem die BVG bei einem verbundweiten Ticket zweistellige Millionenverluste machen würde. Eine Einsicht in die zugrundeliegenden Zahlen wurde den Studentenvertretern verwehrt. Verkehrssenator Strieder verkündete das BVG-Angebot: 215 Mark für ABC. Dies widerspricht dem Koalitionsvertrag – und das aufgrund einer mehr als unglaubwürdigen Studie. Tatsache ist jedoch, dass der Umsatz von Berliner Studenten im öffentlichen Nahverkehr Brandenburgs so gering ist, dass bei Kostenneutralität der Schritt von ABC auf verbundweit zu vernachlässigen ist.

Anfang April haben die Aufsichtsräte der BVG und des VBB ein im Tarifbereich Berlin ABC gültiges Semesterticket für 215 DM formell beschlossen. Im VBB-Aufsichtsrat geschah dies am 12. April unter dem Protest der Vertreter der brandenburgischen Landkreise, die genau wie die Studierendenschaften eine verbundweite Lösung bevorzugt hätten. Am 13. April sollte aufgrund des extrem gedrängten Terminplans für die Urabstimmungen ein erstes Gespräch über die Vertragsbedingungen stattfinden. Trotz rechtzeitiger Einladungen durch den VBB boykottierten die Vertreter der BVG und der S-Bahn dieses Treffen. Nachdem die BVG zehn Tage später nach massivem Druck von Politik und Medien sich schließlich dazu bereitgefunden hatte, nun doch gemeinsam mit den anderen Verkehrsunternehmen und den Studierendenvertretungen an einen Tisch zu setzen und über die konkrete Vertragsgestaltung zu verhandeln, tauchte ein unerwartetes Problem auf: Die Vertreter des größten Berliner Verkehrsunternehmen hielten es für unzumutbar, sich in die Räumlichkeiten des VBB zu begeben. Nur weil es den Studierenden gelang, kurzfristig zwei Konferenzräume in der TU Berlin zu besorgen, konnte das erste Umsetzungsgespräch dann doch noch am 27. April – zwei Wochen später als geplant – stattfinden. Diese durch die Verkehrsbetriebe zu verantwortenden Verzögerungen sind der Hauptgrund dafür, daß eine Einführung zum Wintersemester nicht mehr möglich ist. Bei dieser Verhandlungsrunde warteten die Betriebe mit neuen Überraschungen auf: Die Mitnahme von Kindern erschien ihnen als unkalkulierbares finanzielles Risiko. Die DB Regio befürchtete zudem durch die Fahrradmitnahme chaotische Zustände in den Regionalzügen. Eine bereits besprochene Befreiungsregelung für Studierende in wirtschaftlichen Notlagen würde den Ruin der BVG bedeuten. Für die allseits gewünschte Nachkalkulation wollte man nicht bereits jetzt ein Verfahren vereinbaren. Aber die Studierenden könnten darauf vertrauen, daß in einem Jahr eine sinnvolle Berechnungsmethode gefunden werden würde. Wichtige Grunddaten hierfür stünden allerdings derzeit nicht zur Verfügung, obwohl die Betriebe nach dem Personenbeförderungsgesetz diese Daten eigentlich erheben müßten ...

Trotz des miesen Spiels der BVG sollte es mit dem Teufel zugehen, wenn im SS 2001 das Semesterticket nicht stehen sollte und nach dem ersten Schreck über Einschreibegebühren von dann 365 Mark werden die Vorteile sicherlich überwiegen.

Und für alle die, welche meinen, auf das Ticket verzichten zu können, aus welchen Gründen auch immer, nochmal zur Erinnerung: Dies ist ein Solidarmodell und wenn die Studenten nicht mit guten Beispiel vorangehen, wer dann?

G.K.