Glosse

Wenn ich durchfalle, bewerb' ich mich für die nächste BigBrother-Runde. Zeit hab ich doch dann genug!

Solche Gedanken schießen einem durch den Kopf, wenn man weiß, beim nächsten Mal verkacken ist alles vorbei. Vorbei mit Uni-Studieren beziehungsweise mit Wirtschaft-Studieren an einer deutschen Uni. Was übrig bleibt, ist das Ausland, eine Fachhochschule in der Stadt oder der Quereinstieg in den Job ohne Unidiplom, aber das ist nun wirklich zu ungewiß. Naja, oder ich wechsle zu Soziologie oder Afrikanistik.

Liegt mir doch aber gar nicht, und außerdem wollte ich schon immer in die Wirtschaft gehen und ein grosser Manager werden.

Der Gedanke, scheitern zu können bringt einen fast um und macht ziemlich mürbe. Diesmal wird es kein Partysemester wie die anderen auch schon, vorbei mit rumhängen und Spass haben: Lernen ist angesagt! Man merkt zum ersten Mal richtig, wie sinnlos die Gedankengänge zu früheren Klausurvorbereitungen waren: Wenn ich's diesmal nicht schaffe, dann mach ich es halt noch mal. Doppelt hält besser!

Aber dreifach? Dreimal ist zu viel und erst recht mit dem Gedanken, es könnte das Leben grundlegend verändern. Ein Fehler und du bist weg vom Fenster. Ein Blackout in der Klausur, und alles ist vorbei. Aus der Traum. Endlich wird mir der Ernst meines Studiums richtig bewußt. Es ist meine Zukunft.

Diesmal muß ich den Stoff lückenlos beherrschen, auf eine 1,0 lernen, damit wenigstens eine "vier gewinnt" rauskommt. Ich verspüre zwar nicht die Motivation, in die Vorlesungen nocheinmal zu gehen, aber immerhin den Drang, alle Bücher und Skripte von Anfang bis Ende durchzulesen und die Aufgaben durchgängig lösen zu können. Ich muß alles verstanden haben, darf nichts auslassen, lückenlos ist das Motto. Manchmal fällt das schon ziemlich schwer, denn ich habe das Gefühl, die Lösungen der Aufgaben noch aus den letzten Semstern zu können. Doch diesmal muß es gründlicher sein, und langsam sehe ich den Sinn in dem Stoff, den ich früher nur überflogen habe.

Aber auch wenn ich den Stoff kann und vor der Prüfung verstanden habe, werde ich dem Nerventerror dabei entrinnen können?! Wahrscheinlich nicht, aber ich verspreche, der nächste der sagt: "Oh Gott, der dritte Versuch, das ist ja hart, meinst Du Du schaffst das? Also ich könnte das nicht..." dem springe ich ins Gesicht.

Wenn alles schiefläuft, vermach ich nach der Prüfung dem Saxofonspieler auf der Brücke mein kleines Vermögen und spring dann von der selbigen in die Spree. Jawohl, so mach ich das.

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