This is the English-Übung

Mittlerweile müsste es an unserer Fakultät jeder gemerkt haben: ohne Englisch kommt man nicht weit. Englisch ist die Fachsprache für Wirtschaftswissenschaften und verfolgt uns auf Schritt und Tritt. So weit so gut, es bleibt uns also anscheinend nichts anderes übrig, als die bereits auf deutsch komplizierten mathematischen Prozesse nun auf Englisch zu verstehen. Aber müssen deshalb alle Professoren mit nie zuvor gekanntem Eifer um unser Wohl besorgt sein und alles daran setzen, dass wir Englisch lernen?

Die Methode jedoch, die hierfür gewählt wurde, schadet den Studenten eher als dass sie ihnen hilft. In rasantem und unkontrolliertem Tempo werden Übungen und Vorlesungen auf Englisch im Vorlesungsverzeichnis platziert, traditionell auf Deutsch gehaltene Veranstaltungen substituiert. So international sich „Brown Bag“, „Public Choice“ und „Mergers and Aquisitions“ nach außen anhören mag, allein eine andere Sprache ändert noch nichts an der Qualität der Lehre. Im Gegenteil.

Das Niveau vieler Veranstaltungen sinkt durch die Einführung des Englischen merklich. Die Feinheiten und Nuancen, die Vorlesungen, von Professoren gelesen, bisher ihren individuellen Charakter gaben, werden durch „einfaches“ Englisch eliminiert. Viele Vorlesungen sind daher vergleichbar mit dem Besuch eines schlecht synchronisierten Films: man saß 90 Minuten drin, konnte dem Ablauf kaum folgen und wunderte sich, warum das Original so gute Kritiken bekam.

Hinzu kommt, dass die Synchronisation an unserer Fakultät sehr zu wünschen übrig lässt. Masters-Studenten wird der Toefl-Test als Zugangsbedingung auferlegt, um ein gutes Studium zu ermöglichen. Warum gibt es eine ähnliche Lehrbefähigungsprüfung nicht für unsere Professoren und Übungsleiter?

Übungen sollen dem Verständnis der in den Vorlesungen vermittelten Lehrinhalte dienen. Doch auch bei den Übungen liest man „UE in Engl.“ immer häufiger. Anstatt diese Übungen zusätzlich anzubieten, werden deutsche Übungen auf Englisch gehalten, und vielen bleibt nichts anderes übrig, als diese zu besuchen, da die einzige deutsche Übung überfüllt ist oder mit anderen wichtigen Veranstaltungen kollidiert.

Der Englisch-Lerneffekt tendiert gegen Null, das Unverständnis bleibt und die mündliche Teilnahme sinkt weiter. Beteiligten sich viele Studenten aufgrund der großen Übungen nicht einmal an den deutschen Übungen, steigt die Hemmschwelle auf Englisch zu fragen weiter an.

Toefl-Tests?

Seminare „English on request“ erfüllen ebenfalls nicht den erwünschten Zweck. Sollten diese Veranstaltungen eigentlich die Teilnahme der Studierenden in den Mittelpunkt rücken, wird dieses dadurch zunichte gemacht, dass eine Sprache gesprochen wird, die niemandens Muttersprache ist. Deutsch wird zur unerwünschten Sprache erklärt und aus einem interessanten Seminar wird eine verkrampfte „Conversation in English“-Stunde. Statt dem Anspruch gerecht zu werden, die Studenten über wissenschaftliche Themen referieren zu lassen, wird mit dem Anspruch, dies auf Englisch zu tun, jegliche Verhältnismäßigkeit aufgegeben. Der Inhalt kann nicht mehr im Vordergrund stehen, haben viele doch bereits große Schwierigkeiten, 45 Minuten zu irgendeinem Thema auf Englisch vorzutragen. Hinzu kommt, dass Referate solcher Art einen wichtigen Teil der Abschlussnote ausmachen und solche Regelungen daher nach unserer Prüfungsordnung nicht legitim sind.

So löblich das Bemühen ist, uns Englisch beizubringen, so falsch sind die gewählten Mittel. 90 Minuten mittelmäßigem Englisch zu folgen hat keinen pädagogischen Lerneffekt. Wenn es darum geht, uns auf spätere Tätigkeiten vorzubereiten, sollten uns die thematischen Inhalte verständlich vermittelt werden und zusätzlich dazu korrektes Wirtschaftsenglisch. In beiderlei Hinsicht könnte meiner Meinung nach mehr erreicht werden, würde Englisch-Unterricht in das Curriculum des Grundstudiums integriert, Austauschprogramme mit dem englischsprachigen Ausland angeboten, englische Übungen von Muttersprachlern übernommen und die Zusammenarbeit mit dem Sprachenzentrum und den Anglisten verbessert werden.

Auch die Professoren könnten ihren Beitrag zum korrekten Erlernen der englischen Sprache leisten. Sie könnten begleitend zu ihren Veranstaltungen Vokabellisten mit den wichtigsten Fachwörtern und Ausdrücken übersichtlich auf Englisch und Deutsch anbieten, und es so den Studenten ermöglichen, in beiden Sprachen die korrekten Begriffe zu verwenden. Denn einige unserer Absolventen werden sicherlich später auch in Deutschland tätig sein. Sicherlich kann man mir nun entgegnen, man solle Englisch (zumindest nach der neuen Prüfungsordnung) bereits vor dem Studium „beherrschen“.

Unsere Fakultät ist mathematisch quantitativ ausgerichtet und erwartet von ihren Studenten Vorkenntnisse in diesen Disziplinen. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die Studenten in ihrer Schulzeit Englisch als Leistungskurs gewählt hatten. Viele kommen mit Grundkurs-Englisch-Niveau an diese Fakultät. Jeder, der diese Kurse mitgemacht hat, weiß, dass man damit nicht erwarten kann, in einer wissenschaftlichen Fachsprache zu brillieren.

Sicheres Englisch lernt man am besten im englischsprachigem Ausland. Dies kann eine Fakultät durch Austauschprogramme mit anderen Universitäten hervorragend fördern. Unsere Fakultät bietet dagegen kein einziges eigenes Austauschprogramm mit angelsächsischen Universitäten an. Daher kann Englisch nicht als exogen vorhanden angenommen werden, sondern muss vom Grundstudium an gefördert werden. Heute dagegen wird von den Studenten verlangt, innerhalb von vier Semestern die gesamten Inhalte des Hauptstudiums zu verstehen, diese in Diplom-Teilprüfungen sehr gut wiederzugeben, gleichzeitig eine Diplomarbeit zu schreiben und alles auch noch auf Englisch zu beherrschen. Wenn hier nicht die Fakultät dem Studenten unterstützend gegenübertritt, wird sie sehr bald merken, dass dieses Programm nicht aufgeht und das Ansehen der Fakultät sinken wird.

In dieser gesamten Problematik spielt unser Mastersstudiengang eine schwierige Rolle. Der Mastersstudiengang hat viel zur Öffnung und Internationalität unserer Fakultät beigetragen und ermöglicht auch unseren Studenten einen internationalen Abschluss. Seine Integration in unsere Fakultät halte ich bisher allerdings nicht für geglückt. Dies liegt nicht am Masters-Programm-Team um Herrn Wickström, dass sich mit viel Engagement um den Studiengang und seine Integration kümmert, sondern vielmehr an der mangelnden Bereitschaft unserer Fakultät, die akzeptierte Mehrbelastung in jeglicher Hinsicht zu tragen. Statt für die hinzugekommenen Studenten in vollem Umfang zusätzliche Leistungen zu bieten und mehr Übungen und Vorlesungen anzubieten, werden die Interessen der Studenten ignoriert und bestehende Veranstaltungen als schlechter Kompromiss auf Englisch gehalten. Hier muss es darum gehen, gemeinsam für Diplom- und Masters-Studenten attraktive Studienbedingungen zu bieten. Die momentanen notdürftigen Kompromisse nützen niemanden.

Die Studenten wollen Englisch lernen. Nicht jedoch auf Kosten ihres Wirtschaftsstudiums, sondern dieses ergänzend. Dafür sind jedoch Anstrengungen notwendig, die auch von Seiten der Professoren und der Fakultät zusätzliches Engagement fordern. Im Rahmen zunehmender Vernetzung, Internationalisierung und Standardisierung darf Englisch nicht aus unserem Studium verschwinden, doch sollte es so eingesetzt werden, dass es die Studierenden fördert. Und dies tut es im Moment nicht.

sh