Interrail – Abenteuer Europa

Vielleicht mutet es Euch ja ein wenig zynisch an, wenn ich mitten in der grauen Jahreszeit von einer Urlaubsalternative zu schwärmen beginne, welche eigentlich nur „sommer-kompatibel“ ist. Aber schließlich ist es ja die Vorfreude auf die warmen Monate, die uns das klausur- und dunkelheitsintensive Halbjahr zu überstehen motiviert.

Bei dem Interrail-Ticket handelt es sich um ein subventioniertes Ticket für die Staatsbahnen der jeweils erworbenen Ländergruppen. Das Ein-Zonen-Ticket ist 22 Tage gültig und kostet 376 DM, das Billett für zwei Zonen gilt einen Monat und kostet 497 DM. Interrail-Tickets sind an jedem Fahrkartenschalter erwerbbar. Vom Kauf von mehr als zwei Zonen würde ich abraten, da man seinen Urlaub ja nicht nur in mehr oder minder vollen Zügen genießen will. Außerdem kosten sämtliche Transferfahrten durch nicht erworbene Ländergruppen im Gültigkeitszeitraum des Tickets nur die Hälfte. (Vorsicht: es empfiehlt sich für Deutsche meist nicht, die Deutschland beinhaltende Zone zu erwerben, da, um Missbrauch vorzubeugen, das Ticket im Heimatland lediglich als BahnCard gilt.)

Ein großer Vorteil von Interrail ist, dass die Kosten der Tour vollkommen von einem selbst abhängen. Zwischen dem „smelling and hungry interrailer“, der versucht fast immer im Zug zu nächtigen und sich Zuckerdosen in Straßenrestaurants zur Nahrungsgrundlage auserkoren hat, und dem verwöhnten Luxusrailer, der Superschnellzugzuschläge und Hotels nicht scheut, gibt es unendlich viele Zwischenstufen. Es gibt aber einige Utensilien, deren Mitnahme man eigentlich jedem empfehlen kann, dessen maximale finanzielle Belastbarkeit ihn zum Mensaessen zwingt. Um sowohl kostenminimierend, als auch nutzenoptimierend durch Europa zu kommen, bieten sich folgende Ausrüstungsgegenstände sehr an:

1. ein Zelt (wenn möglich ein Gruppenzelt für alle Mitfahrenden, da es sonst auf Zeltplätzen teurer wird)

2. für EU-Länder einen Gaskocher, da dieser leichter und die Hardware billiger ist

3. ein Benzinkocher empfiehlt sich für die Zonen D (Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Kroatien), G (Italien, Türkei, Griechenland und Slowenien) oder H (Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Mazedonien), da genormte Gaskartuschen nicht überall zu haben sind (Benzin aber schon),

4. ein Topf (für Tütensuppen, Nudeln, Fondue, Reis etc.),

5. Wäscheleine, Dosenöffner, Taschenmesser (natürlich mit Korkenzieher, da TetraPak-Wein auch in Italien und Frankreich nicht genießbar ist),

6. Plastiktüten (sind mit einigen Löchern versehen perfekte Einweg-Nudelsiebe).

Doch natürlich solltet ihr lieber zu wenig als zuviel (> 25 kg) einpacken, da man bei einer Eisenbahntour ja nicht die Zivilisation verlässt und dringend Fehlendes einfach nachkaufen kann.

Jetzt möchte ich noch ein paar Kommentare zu einigen Ländern meines 2000er Rails abgeben, damit man sich ein Bild davon machen kann, mit welchen Problemchen und Fragen man bei einer Europa-Tour so konfrontiert wird:

Frankreich

• TGV fahren kostet außerhalb der Saison gar nicht so viel und z.B. die Fahrt von Bordeaux nach Paris mit teilweise mehr als 300 km/h ist schon atemberaubend,

• Französische Sitzschlafwagen sind mit einer ähnlich bequemen Kindertheaterbestuhlung wie der Hörsaal 201 er ausgestattet ð auf jeden Fall meiden;

Spanien

• ZUSCHLÄGE! – in über 90 % der Züge muss vorher reserviert werden, was ziemlich viel kostet (für grenzüberquerende Züge sollte man also schon im Herkunftsland reservieren)

• Es gibt keine südliche Ost-West Verbindung Murcia-Grenada (Es ist nicht schön zwischen 01 Uhr und 07 Uhr vor dem Bahnhof von Grenada spanische Nachtgestalten zu beobachten).

• Das spanische Eisenbahnsystem ist im Vergleich zu nördlicheren Ländern eher schlecht ð eine gute Anschlussplanung ist sehr hilfreich,

• Zeltplätze waren hier grundsätzlich am Ende der Rollbahn eines Flughafens;

Marokko

• Ich habe leider schlechte Erfahrungen gemacht ð „Gehe davon aus, dass das einzige was für Marokkaner an dir interessant ist, dein relativer ‚Reichtum’ ist“,

• EC – Karten Nutzung nur in wichtigen Städten und auch da muss man lange suchen,

• Nutze die Möglichkeit, überflüssiges Gepäck in spanischen Häfen zu verstauen (z.B. das Zelt, da man in Marokko theoretisch recht günstig in kleinen Hotels übernachten kann).


die Interrailzonen

Fazit

Abschließend kann man sagen, dass ‚Railen’ wohl die Abenteuerurlaubsvariante mit dem besten Erfahrungs-/Risikoquotienten in Europa ist. Dennoch kann einiges schief gehen und das macht das ganze ja erst so richtig reizvoll. Zum Beispiel war es immer wieder eine Herausforderung, am Abend, in einer fremden Stadt angekommen, ein passables Nachtlager aufzutreiben.
Aktionen, wie in den Sanitäranlagen eines Zeltplatzes zu kochen, da es draußen schüttet oder kilometerlange Märsche mit zu schweren Kraxen durch das gut geheizte Marokko (> 40 °C) gehen auf ewig in den eigenen Erfahrungsschatz ein. Auch denke ich, dass eine derartige Low-budget Reise äußerst gut geeignet, ist „unser“ Europa zu entdecken.

Gute Web-Sites mit Reiseberichten und Tips sind www.interrail.net und www.interRailers.net.

gz