Master and Servant Dialog über das Masters-Programm

Neulich ist mir ein Zitat von Tucholsky untergekommen, das so oder ähnlich lautet: “Wer mit 20 kein Kommunist ist, hat kein Herz. Wer mit 30 immer noch Kommunist ist, hat keinen Verstand.” Da ich mich nun langsam auf die Dreißig zubewege, bahnt sich in meinem Inneren so manche Diskussion an, und am Ende wird sich zeigen, ob ich Herz und Verstand habe. Eine der Diskussionen, die in meinem Innern abläuft, betrifft das Masters-Programm an unserer Fakultät. Weil ich die Argumente interessant finde, die sich die Roten und Schwarzen in meinem Innern zuwerfen, dachte ich, einen Mitschnitt der Debatte der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Hier nun zu den Akteuren: Die Roten gemeinhin als Kommunisten bekannt, in diesem Kontext aber auch als Altruisten, diejenigen, die mehr am Allgemeinwohl als am Eigennutz interessiert sind und die den Masters-Studiengang als elitären und bourgeoisen Schwachsinn ansehen. Die Schwarzen sind hier die Kapitalisten, die auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind und den auch auf Kosten anderer nutzen. Für sie ist eine Eliteförderung, die mit dem Master einhergeht, das Ideal der Bildungsförderung. Nun denn, hier beginnt der erste Akt:

Schwarz: “Ja, der Master, der läßt mein Herz höher schlagen, ein Aufbruch zu neuen Ufern. Er wird der Fakultät weit über Berlin hinaus Bekanntheit, Ruhm und Einfluß verschaffen.“

Rot: “Wohl weniger der Fakultät, als vielmehr den Masters-StudentInnen. Die werden natürlich davon profitieren, wenn sie intensiver als der Rest der Studierenden gefördert werden.“

Schwarz: “Ja, aber das ist ja auch berechtigt. Schließlich sind die Studenten, die den Master erlangen wollen, auch die Besten der Besten.“

R: “Dieser Propaganda können wir nicht folgen. Gerade in den theoretischen Fächern haben die Masters-StudentInnen in den letzten Jahren den Schnitt nach unten gezogen mit ihren schlechten Noten (teilweise durch Professor Schwalbachs unmögliche Klausurstellung verursacht; die Red.)“

Schwarz: “Eben deshalb müssen noch mehr Ressourcen für das Masters-Programm bereitgestellt werden. Dann bekommen wir wirklich das Optimum.“

Rot: “Das geht dann aber auf Kosten der BWLerInnen und VWLerInnen! Wenn man/frau die Ressourcen einseitig verteilt, dann noch ohne Grundlage, dann schreit das zum Himmel und ist ungerecht!“

Schwarz: “Papperlapapp! Sie werden doch zugeben müssen, das sich jeder Student für das Masters-Programm bewerben kann. Dann wird er auch intensiv gefördert.“

Rot: “Dann sag: warum gibt es dann noch die anderen Studierenden? Damit sich die Masters-StudentInnen mit ihrem Studium de luxe um so besser absetzen können von den Normalos und -innen, die dann ihr Studium light absolvieren? Das führt doch direkt in die Zwei-Klassen-Gesellschaft!“

Schwarz: “Na ganz so schlimm ist es doch auch nicht. Die anderen müssen nicht gleich an die Fachhochschule, ihnen bringt das Masters-Programm doch auch etwas, selbst wenn sie nicht daran teilnehmen. Denn schließlich profitieren sie ja auch von den anspruchsvollen Veranstaltungen, die noch besser werden, je besser der Ruf der WiWi-Fak wird. Und ihr Wert wird noch gesteigert, weil alle englischsprachige Veranstaltungen gehört haben...“

Rot: “Ja, das Englisch. Das ist auch so eine Sache, die gegen die Gleichheit verstößt. Sicher, es macht sich gut, Englisch zu sprechen und englische Veranstaltungen auf dem Zeugnis zu haben. Aber die Masters-StudentInnen sind doch hier, um deutsch zu lernen. Wenn nur eineR in eineR, äh sorry einer Veranstaltung englisch sprechen will, dann wird die Veranstaltung auf englisch angeboten. Dann mag es nett sein, eine englische Veranstaltung auf dem Zeugnis zu haben. Wenn die Note dann aber schlechter ist, ist das auch egal.“

Schwarz: "Aber die Prüfungsordnung verlangt doch, dass jeder englisch können muß!“

Rot: “Ja sicher, aber dass jemand, der/die englisch als Muttersprache beherrscht, gewisse Vorteile hat, ist ja wohl offensichtlich. Und demokratisch wird die Entscheidung dadurch auch nicht. Schließlich müssen die Masters-StudentInnen auch deutsch können, und das viel härter als vorgeschrieben.“

Schwarz: “Gut, aber trotzdem: Inzwischen weiß jeder seit dem ersten Semester, dass sie im Hauptstudium englisch können muß.“

Rot: “Englisch können ist ja schön und gut, aber dann sollte die Fakultät sich auch mal darum kümmern. Das Englisch-Angebot an der HU ist nicht unbedingt das beste, die Kurse sind überfüllt, die Lehrer nicht unbedingt optimal, so daß das Englisch-Lernen jedem einzelnen überlassen ist. Und wenn man sich das Studium finanzieren muß, Kinder hat etc. dann macht der Zusatzaufwand doch noch Probleme, so daß dann auch noch eine soziale Auswahl auftritt.“

Schwarz: “Na, dazu gibt es aber die Auswahlkommission, die die Studenten auswählt. Die wird schon solche Kriterien berücksichtigen.“

Rot: “Mag sein, aber es wird sich doch niemand für den Master bewerben, wenn er/sie es sich zeitlich oder finanziell nicht leisten kann, in’s Ausland zu gehen. Das wird nämlich neuerdings nicht mehr so stark durch Auslands-BAFöG unterstützt. Das heißt: In’s Masters Program kommen tendenziell die Gutsituierten, die erhalten mehr Förderung und sollen dann später die Elite stellen oder was???“

Schwarz: “Da haben sie schon recht. Natürlich wollen wir uns ausdifferenzieren, für die besten der besten ein Studium DeLuxe anbieten. Die anderen dürfen dann ihr Studium Light absolvieren...“

Hier blenden wir uns aus der Diskussion aus, da sich erste Gewalttätigkeiten abzeichnen und wir dem verehrten Leser diesen Ausbruch von Gewalt nicht präsentieren wollen. Schließlich ist der Hermes nicht altersbeschränkt im Verkauf und wenn die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften ein Exemplar in die Hände bekommt, muss er in die Illegalität.

Dietmar Fischer

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