Die Achse des Durstes

Wer heute noch Geld verdienen will, muss mit der Zeit gehen - dachte sich offenbar auch der Automatenaufsteller, der bei uns die Getränkeautomaten mit frischen und dem Zeitgeist entsprechenden Limonaden zu bestücken hat. Auf dem Höhepunkt der Irakkrise verließ ihn wohl das Zutrauen in die Anglophie deutscher Wiwi-Studenten, die doch eigentlich nur auf der Suche nach den Gewinn maximierenden Strategien sein sollten.

Flugs verschwanden Fanta, Sprite und das imperialistische Betäubungsgetränk aus den Automaten, und Orangenlimonade sowie ein „Cola-Mix“ aus dem Old Europe, ja sogar aus good old Germany selbst, hielten Einzug.

Fortan sollten wir mit bayerischen Mixgetränken von der Aloisius-Quelle glücklich werden, oder doch zumindest unser Rebellenherz beruhigen mit dem schönen Gefühl nur noch deutsche Erfrischungsgetränke zu konsumieren.

Denn kann man dem Wiwi-Studenten von heute wirklich zutrauen, dass dieser eine Ahnung davon hat, dass 90% der hier verkauften Coca-Cola-Produkte in Deutschland produziert werden, teilweise sogar direkt in Berlin? Und dass auch 90% der Produktionsfaktoren hier gekauft werden? Wirklich? Nein, da geht man lieber auf Nummer sicher, die Pisa-Studie lässt schließlich grüßen.

Alles war prima, alles war gut, bis, ja bis der Irakkrieg sein schnelles Ende fand. Denn wie der findige Unternehmer von heute weiß, hat die heutige Zukunft unseres Landes ihr Gedächtnis verloren. Was am Morgen noch hip war, kann mittags schon von gestern sein, und am Abend erinnert sich niemand mehr daran. Ein Wimpernschlag und alles ist vergessen. Nur zause Nostalgiker schauen zurück.

Was also ist die richtige Produktstrategie, wenn die letzten Bomben auf den Irak gefallen sind, zumindest die letzten von denen man in den Nachrichten hört? - Richtig, nur schnell den Cola-Mix aus Bayern wieder nach Bayern schicken, und die Coke wieder hinein in den Automaten. Mag sein, dass Wiwi-Studenten von heute ein politisches Bewusstsein haben, mag auch sein, dass sie dieses unbedingt über den Boykott amerikanischer Produkte auszuleben gedenken. Aber eines haben sie keinesfalls: Erinnerungsvermögen. So offenkundig die Erkenntnis der Verantwortlichen.

Ein Gutes hatte dieser Eiertanz am Ende doch. Der Pluralismus hat wieder einmal gesiegt, und so gibt es heute sowohl Coca-Cola als auch Apfel-Schorle von der Aloisius-Quelle käuflich am Automaten zu erwerben.

jk