Mlynek und Tenorth im Gespräch

Am 6. November 2003 trafen sich der Präsident der HU, Prof. Dr. Jürgen Mlynek, und der Vizepräsident für Lehre und Studium der HU, Prof. Dr. Heinz-Elmar Tenorth, mit den vollzählig angetretenen Vertretern des Studentenrates unserer Fakultät im neu entstandenen Café im Erdgeschoss. Der Hermes war für Euch selbstverständlich auch dabei.

Diese Gesprächsrunde war Teil einer Reihe von Treffen von Vertretern des Präsidiums der Universität mit den studentischen Vertretungen der Fakultäten angesichts der geplanten Kürzungen, die in jeder Fakultät einen großen Mitarbeiterschwund verursachen werden, wenn nicht sogar deren Schließung bedeuten.

Grundlage des Gespräches war das veröffentlichte Rahmenkonzept zur Strukturplanung der HU. Darin heißt es: „Für die Humboldt-Universität bedeutet die Absenkung des Plafonds einschließlich der zukünftigen Belastungen eine zu erbringende Kürzungssumme von insgesamt ca. 30 Mio. Euro - mit den entsprechend dramatischen Einschnitten in die Fächer und Personalstruktur. Diese Summe soll erbracht werden aus der Kürzung von 90 Professuren und, damit verbunden, 180 Stellen des wissenschaftlichen Personals und 160 Stellen des nichtwissenschaftlichen Personals. Hinzu kommen weitere 100 Stellen, die in den Service-Einrichtungen, der zentralen, sowie dezentralen Verwaltung gekürzt werden müssen. Diese insgesamt 530 abzubauenden Stellen entsprechen 19 % der in der Universität vorhandenen Stellen. Entsprechend wird sich die Anzahl der ausfinanzierten Studienplätze um 3.000 auf zukünftig ca. 13.000 reduzieren.“

Zusammen mit den Kürzungen an den anderen beiden Berliner Universitäten, bestätigte uns Mlynek, sei damit endgültig nicht einmal mehr eine Studienplatzgarantie für 20 % der gesamten Landeskinder möglich. Entgegen dem Glauben einiger „Zugereister“ werden die Studienplätze in Berlin nämlich immer noch vom Berliner Steuerzahler finanziert und nicht durch den Länderfinanzausgleich.

Weiterhin sollen alle bestehenden Fakultäten in sieben neue gruppiert werden: eine Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, eine Fakultät für Lebenswissenschaften, eine Fakultät für Staatswissenschaften (Wirtschaftswissenschaften zusammen mit den Juristen), eine Philosophisch-Historische Fakultät, eine Kulturwissenschaftliche Fakultät, eine Sozialwissenschaftliche Fakultät sowie die Charité. Die Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät soll mit 10 von 31 Professuren in die Fakultät für Lebenswissenschaften integriert werden. Ferner halten sich hartnäckig Meldungen in der Berliner Tagespresse, dass auch über die Schließung der Theologischen Fakultät laut nachgedacht wird.

Im Gespräch wurde schnell deutlich, dass das Präsidium der HU die Kürzungsvorgaben des Berliner Senats inzwischen als kaum abänderlich ansieht. Für unsere Fakultät bedeutet dies im Klartext, dass 4 von derzeit 24 Professuren wegfallen oder nicht mehr neu besetzt werden, z.B. an den Instituten für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und für Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung. Eine fatale Verschlechterung für Betriebswirte. Zumal an der FU und der TU der Fachbereich Betriebswirtschaftliche Steuerlehre in dieser Form auch nicht angeboten wird. Wie genau sich dies auf die aktuell Studierenden auswirken wird, ist unklar. Es bestehe ein „Vertrauensschutz“, so Tenorth, dass jeder Student sein begonnenes Studium auch beenden könne.

Die außerordentlich wichtige Frage, wie hoch für das Präsidium die kritische Mindestgröße an Lehrstühlen für unsere Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät sei, blieb bezeichnenderweise auch nach erneuter Nachfrage unbeantwortet. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass 20 Professoren keine ausreichende Breite für ein BWL / VWL / MEMS-Studienangebot bieten. Außerdem ist bekannt, dass Dekan Professor Burda offen drohte, angesichts der finanzplanerischen Schildbürgerstreiche des Senates in der Bildungspolitik und der „Rasenmähermethode“ des Präsidiums (so Burda) die Universität zu verlassen. Dies wäre ein kaum zu kompensierender Verlust für unsere Fakultät.

In diesem Zusammenhang betonte Mlynek das besondere Engagement Burdas als Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und erörterte, dass es auch denkbar wäre, einen reinen Dekan ohne Lehrauftrag zu berufen, damit Lehre und Forschung der jeweiligen Professoren im Amte des Dekans der jeweiligen Fakultät nicht beeinträchtigt würden. Ein solch „professioneller“ Dekan könnte auf drei bis fünf Jahre berufen werden und würde sich nur um Mittelwerbung, -verteilung, Fakultätsprofilierung und - organisation, sowie Vertretung nach außen bemühen. Ob allerdings ein Dekan für Staatswissenschaften diese Zwecke auch repräsentativ für Wiwis und Juristen verfolgen kann, ist mit Skepsis zu betrachten, da im Augenblick sogar schon die BWL in der Wahrnehmung bei uns eher ein Schattendasein hinter der VWL führt. Dieses geschieht, obwohl bei einem NC von 1,7 ohne Wartesemester ein BWL-Studienplatz in diesem Winter schwerer zu bekommen war als ein VWL- Studienplatz (2,1). Die neuen sieben großen Fakultäten sollen der Planung zufolge autarker sein als die bestehenden Fakultäten, damit fallen ihnen mehr Finanzkompetenzen als bisher zu. Was dies allerdings angesichts der Radikalkürzungen wert ist, wird sich erst noch zeigen.

Die Umsetzung des Rahmenkonzeptes bedeute, dass unsere Fakultät in Zukunft „Gestalten statt Verwalten“ solle, so Mlynek. Fakultäten könnten ihre Mittel effizienter einsetzen, indem sie etwa einen Mitarbeiterpool einrichteten. Aus diesem sollten wissenschaftliche Mitarbeiter, Sekretärinnen sowie studentische Hilfskräfte institutsübergreifend eingesetzt werden und würden so eventuell sogar mehr Tutorien etc. anbieten können, so Mlynek weiter. Allerdings erscheint dieser Vorschlag eher absurd. Der von vielen Professoren angestrebte Zustand, das Grundstudium zu einem reinen „Mitarbeiterstudium“ zu machen, um selbst nur noch das Hauptstudium betreuen zu können, sei nicht mit dem Lehrleitbild der HU vereinbar, so Mlynek und Tenorth.

Zum Abschluss der Gesprächsrunde wurde zumindest deutlich, dass sowohl Professor Mlynek als auch Professor Tenorth engagiert nach Lösungskonzepten suchen und dabei für jede Fakultät, jeden Studentenvertreter, im Notfall sogar für jeden einzelnen Studenten ansprechbar sein wollen. Vielleicht bringen die Sparmaßnahmen zumindest Globalhaushalte für die Fakultäten. Denn erst dann gäbe es ein festes Budget und sinnvolles Wirtschaften wäre möglich. Jede Fakultät kämpft momentan um ihre Daseinsberechtigung. Dabei sollte aber nicht das Präsidium der HU zum Feindbild erklärt oder gegen andere Fakultäten geschossen werden. Die Berliner Unis sollten geschlossen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln die konzeptionslosen, bildungsfeindlichen und damit kurzsichtigen Finanzpläne der Stadt bekämpfen.

[thu und FCM]