Eingebachelort und ausgemastert...

Manche von euch werden sich vielleicht noch an das Chaos mit der Prüfungsordnung 1994 und 2000 erinnern. Dies ist nun vorbei, denn die Prüfungen für die PO 94 laufen endgültig aus. Doch, um ein konstantes Maß an Chaos aufrecht zu erhalten, starten wir ab nächstem Semester in das sagenumwobene Bachelor-Zeitalter. Wer jetzt glaubt, er kann ab nächstem Semester mit Rosen unterm Arm Frauen auswählen, sollte doch lieber zu RTL gehen. Unser Bachelor ist zwar etwas langweiliger, dafür aber aufrichtiger.

Die europäischen Staaten haben sich im Bologna-Prozess verpflichtet bis 2010 Studienabschlüsse einzurichten, die europaweit anerkannt werden. Dies soll durch ein in den angelsächsischen Ländern schon längst etabliertes Bachelor- und Mastersystem erreicht werden. Der praxisorientierte Bachelor soll die breite Studentenmasse durch ein Hochschulstudium bringen. Wer ein normales Diplomstudium nicht durchhält, soll wenigstens den Bachelor schaffen. Denn drei Jahre Mathe hören sich doch schon viel besser an als fünf Jahre Mathe, oder? Der Bachelor wird, so ist die Planung, als berufsqualifizierender Studienabschluss anerkannt. Wer dann noch Lust auf harte Wissenschaft hat, der kann den Master machen, der auf eine akademische Laufbahn vorbereiten soll.

Auch wenn man manchmal den Eindruck hat, dass unsere Fakultät einem Zeitkonservatorium gleicht, in dem die Uhren stehen bleiben, so zeugen doch spätestens die Computerterminals im Foyer von Veränderungen in der Außenwelt, die stückweise zu uns hereinschwappen. Auch die Bachelor- und Masterwelle findet, wenn auch zäh, ihren Weg in unsere Fakultät. Ab nächstem Semester werden neben Diplomstudenten und Nebenfächlern die ersten BWL- und VWL Bachelor- sowie Masterstudenten aufgenommen. Allerdings in sehr begrenztem Umfang, in VWL sollen es ca. 30 sein. Diese Studenten sollen bereits nach drei Jahren ihren Abschluss erhalten und haben daher eine eigene Prüfungs- und Studienordnung. Die Bachelor-Studenten haben in ihrem Studium bereits ab dem ersten Jahr einen Pflicht- und einen Wahlpflichtbereich, die Diplomarbeit entfällt und es wird eine Bachelorabeit verlangt, die eher einer langen Seminararbeit als einer Diplomarbeit ähneln soll. In den drei Studienjahren soll es ein Pflichtpraktikum geben. Bachelor und Diplomstudenten besuchen die gleichen Veranstaltungen, nur dass sie für die Bachelorstudiengänge neu miteinander kombiniert werden. Der Studienplan mit Pflicht- und Wahlpflichtbereich ist zu komplex, um hier im Detail besprochen zu werden. Nur soviel: Es wird vom Grundstudium nicht viel wegfallen, denn Bachelorstudenten müssen in drei Jahren Lehrveranstaltungen im Umfang von 100 SWS nachweisen. Die Studienordnungen sind daher nach dem Motto gestrickt: Von allem etwas, nur ein wenig gekürzt. So wird es im Bachelorstudiengang BWL statt drei Wahplichtfächern wie bisher, nur zwei „Vertiefungsbereiche“ geben, die einen Umfang von sechs SWS besitzen werden. Ansonsten wird auch das Leben des Bachelorstudenten nicht wesentlich einfacher. Denn am Inhalt der Lehrveranstaltungen ändert sich durch die Studienreform natürlich nichts. Es soll jedoch möglich sein, zwischen den Studienabschlüssen zu wechseln, so dass Diplomstudenten sich zum Bachelor retten können und Bachelorstudenten zu Diplomstudenten aufsteigen können. Den Olymp des Studentendaseins hat man allerdings erst erreicht, wenn man Masterstudent wird. Denn in diesen gerät man nicht ohne weiteres, man muss sich bewerben. Der Master soll den wissenschaftlichen Nachwuchs heranziehen und damit dies auch wirklich gelingt, gibt es für die sehr guten Studenten einen erleichterten Einstieg in die Promotion. Doch zu den wirklich Guten zu gehören wird noch schwerer als vorher. So soll zum Beispiel die Hauptstudiumsveranstaltung „Methoden der Ökonometrie“ Pflichtbestandteil des VWL- und BWL-Masters werden.

Inwieweit sich diese beiden Studienabschlüsse etablieren ist noch völlig offen. Die Diplomstudiengänge laufen parallel weiter, und da es versäumt wurde, mit den Formalitäten auch den Inhalt des Studiums zu ändern, ist es fraglich, ob die meisten Studenten nicht vorsichtshalber beim guten alten Diplom bleiben. Es ist zudem völlig offen, inwieweit die neuen Studiengänge von Arbeitgebern akzeptiert werden, denn es besteht durchaus die Gefahr, dass Bachelor-Studenten zu Unrecht als Schmalspurakademiker abgestempelt werden. Diese müssen mangels beruflicher Aussichten dann eventuell doch noch den Rosenkavalier im Fernsehen spielen.

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