Liebe Welt,

die Zeiten werden härter, sauhart um genau zu sein. Auch wir beim Hermes müssen um eure Aufmerksamkeit buhlen und billig andere Konzepte kopieren, um in der Medienkrise zu überleben. Somit werdet ihr Zeuge, wie zehn Kandidaten in einen Container in der Spandauer Straße 1 gesteckt werden mit der Gemeinschaftsaufgabe, binnen viel zu knapp bemessener Zeit ein Magazin über das Leben im Container auf die Beine zu stellen.

Alle zehn Kandidaten starteten in der dritten Klasse und wurden im zugigen kalten Aquarium gehalten. Von dort aus konnten sie in die anderen Klassen hinüber spähen. Während hinter den glasigen Klassengrenzen des Aquariums die PhD-Studenten begannen, sich im­mer mehr Lebensraum und, neben eigenen, elitären PhD-Kursen, bald auch verlassene Turmquartiere zu erobern, errichtete sich die erste Klasse in ihrem Bereich ein neues Sonderforschungsbiotop, in dem neben abstrusen Theorien neue Erkenntnisse gedeihen sollen, die fleißig von PhD-Studenten begossen und gedüngt werden.

Um das Containerkonzept nicht scheitern zu lassen und die dritte Klasse zu besänftigen, werden sagenhafte Gebietserweiterungen im Südflügel des Containers in Aussicht ge­stel­lt. Zudem hat jedes Mitglied der dritten Klasse die Möglichkeit aufzusteigen: Mit dem Ruf „Ich bin ein Topstudent, holt mich hier raus“ und extra dafür eingerichteten Topstudentkursen kann sich jeder um die Aufnahme in die zweite Klasse bewerben. Damit die dritte Klasse sich mit ihrem derzeitigen Zustand zufrieden gibt, versucht die erste Klasse mit extra entworfenen T-Shirts, das Zusammengehörigkeitsgefühl im Container zu beschwören.

Doch wer es trotzdem im Container nicht aushält, hat zahlreiche Ausweichmöglichkeiten in ausländische Konkurrenzcontainer. Auf diesem Wege sind den zehn Zeitungskandidaten schon drei abhanden gekommen. Nun mussten die verbliebenen, verwegenen Sieben die Sache zu Ende bringen. Dazu bedienten sie sich der gängigen Medienmethoden, um Aufmerksamkeit zu erhalten. Billiger Pessimismus im Form von Arbeitsmarktberichten, Panikmache mit Computersicherheitsbefürchtungen und die üb­liche Sensationshascherei mit mäßig recherchierten Investigativ-Artikeln.

Als Rätsel und Konzentrationsübung wurden für den anspruchsvollen Leser Artikel eingefügt, bei denen man in verwobenen Nebensätzen mit komplizierten Formulierungen und nicht enden wollenden Gerundien den Sinn entdecken kann. Hinzu kam, dass den Zeitungsmachern nur ein kleines Kontingent an Humor zur Verfügung stand, welches aber schon auf den ersten Seiten verbraten wurde. Doch wie ihr seht haben sie die Aufgabe vollbracht und können zur Belohnung noch eine Weile im Container verweilen.

Viel Spaß beim Lesen wünschen

Astrid und Wolfram